Schussenrieder Radtreff Bericht Schwäbische Zeitung BC vom 24.08.2005  
     
 

"Das Fahren in der Gruppe ist ein Erlebnis"

BAD SCHUSSENRIED - "Klack, klack, klackklack." Dutzendfach ist das markante Geräusch zu hören, wenn die Mitglieder des Radtreffs Bad Schussenried ihre Schuhe an den Pedalen festhaken. Sekunden später starten drei Gruppen - stets in eine andere Himmelsrichtung als in der Woche davor. Der Wechsel der Route "ist wichtig, damit es lebendig bleibt", sagt Radtreffleiter Reinhold Lutz.
Von unserem Redakteur Andreas Wagner
Die Radrennfahrer wissen immer, wohin es geht. Lutz und die anderen "Guides", die jeweils zu zweit die drei Gruppen betreuen, legen sämtliche Strecken eines Jahres schon vor der ersten Ausfahrt im Frühling fest. Das Prinzip: Jeden Mittwoch geht es, gegen den Uhrzeigersinn, in eine andere Richtung. Hat der Radtreff Bad Schussenried einmal in Richtung Saulgau verlassen, wird diese Richtung erst vier, fünf Wochen später erneut angesteuert.
Auch der Verlauf der einzelnen Strecken ist klar, schließlich haben die Radfahrer, die sich jeden Mittwoch um 18 Uhr (ab Mitte August um 17.30 Uhr) aufmachen, nicht unbegrenzt Zeit. Und bis zu zwei, drei Stunden sind die Gruppen unterwegs. "Man kommt weit herum, die schnellste Gruppe legt auch mal 100 Kilometer zurück", so Lutz. Auf 32 bis 33 Kilometer pro Stunde bringt es die Gruppe 1, abhängig vom Streckenprofil, die Gruppe 2 liegt in der Regel bei 29 oder 30 km/h und die Gruppe 3 bei 26 bis 28 km/h.
Verschiedene Leistungsstufen sind enorm wichtig, das wissen die Guides aus Bad Schussenried genau. Sie sind früher zum Teil auch bei anderen Radtreffs in Oberschwaben mitgefahren und haben dabei nicht nur positive Erfahrungen gemacht. "Wenn der Schnelle ständig zu langsam fährt, dann kommt er nicht mehr, genauso wenn es für einen Langsameren immer zu schnell ist." Aus dem Grund seien in der Vergangenheit schon Radtreffs auseinander gebrochen, weiß Lutz.
Damit ihnen das nicht passiert, haben die Schussenrieder ihre Lehren aus dem Scheitern anderer Radtreffs gezogen. "Man schaut nicht auf den Fahrer, der am fittesten ist, sondern auf einen gesunden Schnitt", so Lutz. "Wenn jemand extreme Belastungen sucht oder ein Rennen fahren will, dann soll er das anderweitig machen." Beim Radtreff soll keiner den Anschluss an die Gruppe verlieren. Darauf achten die Guides und greifen bei Bedarf ein.
Klare Absprachen
Die Leiter geben zudem Tipps fürs Fahren in der Gruppe, was Radsportlern, die zuvor nur allein oder vielleicht mal zu zweit unterwegs waren, anfangs nicht immer leicht fällt. Sich in der Doppelreihe Rad an Rad zu bewegen und bei bis zu 20 Fahrern auch mal die Positionen zu wechseln, das erfordert Aufmerksamkeit und klare Absprachen. Radtreffleiter Lutz verteilt zu Saisonbeginn einige Bögen, auf denen die Regeln aufgelistet sind und die Zeichen, mit denen man sich während der Ausfahrt verständigt. Wenn etwa ein Fahrer in der vordersten Position mit dem gestreckten Zeigefinger seitlich auf die Fahrbahn zeigt, warnt er vor einem Schlagloch. Dieser Hinweis wird bis zum letzten Fahrer weitergeben.
Die Regeln dienen der Sicherheit, und mögen sie bisweilen auch streng anmuten, die Freude am Fahren verderben sie nicht. Thomas Stadler, einer der insgesamt sechs Guides, schätzt die "lockere Atmosphäre" und das Gemeinschaftserlebnis auf dem Rad. Ähnlich denken die aus einem weiten Umkreis um Bad Schussenried stammenden Teilnehmer, ob sie Jugendliche sind oder Senioren - auch über 70-Jährige fahren regelmäßig mit.
Und Frauen, die aber spärlich vertreten sind. Woran das liegt, will man von der Schussenriederin Susanne Weggenmann wissen. "Das frage ich mich auch, obwohl ich schon häufig Frauen auf dem Rad sehe. Vielleicht trauen sie sich nicht in eine Gruppe, wo sie eng am Hinterrad fahren müssen." Für Weggenmann, die früher auch Radmarathons absolvierte, ist das kein Thema. "Mir macht"s Spaß in der Gruppe." Auch für Wolfgang Wahl, den Vorsitzenden des RMSV Bad Schussenried, "ist das Gruppenfahren ein Erlebnis". Und das sagt er nicht nur, weil der im dritten Jahren bestehende Radtreff ein Angebot seines Vereins ist. Wahl fährt selbst regelmäßig mit.
Spricht's und steigt in die Pedale. Klack, klack. Kurz darauf verabschiedet er sich mit seiner Gruppe - an dem Tag in südwestlicher Richtung.