"Das Fahren in der Gruppe ist ein Erlebnis"
BAD
SCHUSSENRIED - "Klack, klack, klackklack." Dutzendfach ist das
markante Geräusch zu hören, wenn die Mitglieder des Radtreffs
Bad Schussenried ihre Schuhe an den Pedalen festhaken. Sekunden
später starten drei Gruppen - stets in eine andere
Himmelsrichtung als in der Woche davor. Der Wechsel der Route
"ist wichtig, damit es lebendig bleibt", sagt Radtreffleiter
Reinhold Lutz.
Von unserem Redakteur Andreas Wagner
Die Radrennfahrer wissen immer, wohin es geht. Lutz und die
anderen "Guides", die jeweils zu zweit die drei Gruppen
betreuen, legen sämtliche Strecken eines Jahres schon vor der
ersten Ausfahrt im Frühling fest. Das Prinzip: Jeden Mittwoch
geht es, gegen den Uhrzeigersinn, in eine andere Richtung. Hat
der Radtreff Bad Schussenried einmal in Richtung Saulgau
verlassen, wird diese Richtung erst vier, fünf Wochen später
erneut angesteuert.
Auch der Verlauf der einzelnen Strecken ist klar, schließlich
haben die Radfahrer, die sich jeden Mittwoch um 18 Uhr (ab Mitte
August um 17.30 Uhr) aufmachen, nicht unbegrenzt Zeit. Und bis
zu zwei, drei Stunden sind die Gruppen unterwegs. "Man kommt
weit herum, die schnellste Gruppe legt auch mal 100 Kilometer
zurück", so Lutz. Auf 32 bis 33 Kilometer pro Stunde bringt es
die Gruppe 1, abhängig vom Streckenprofil, die Gruppe 2 liegt in
der Regel bei 29 oder 30 km/h und die Gruppe 3 bei 26 bis 28
km/h.
Verschiedene Leistungsstufen sind enorm wichtig, das wissen die
Guides aus Bad Schussenried genau. Sie sind früher zum Teil auch
bei anderen Radtreffs in Oberschwaben mitgefahren und haben
dabei nicht nur positive Erfahrungen gemacht. "Wenn der Schnelle
ständig zu langsam fährt, dann kommt er nicht mehr, genauso wenn
es für einen Langsameren immer zu schnell ist." Aus dem Grund
seien in der Vergangenheit schon Radtreffs auseinander
gebrochen, weiß Lutz.
Damit ihnen das nicht passiert, haben die Schussenrieder ihre
Lehren aus dem Scheitern anderer Radtreffs gezogen. "Man schaut
nicht auf den Fahrer, der am fittesten ist, sondern auf einen
gesunden Schnitt", so Lutz. "Wenn jemand extreme Belastungen
sucht oder ein Rennen fahren will, dann soll er das anderweitig
machen." Beim Radtreff soll keiner den Anschluss an die Gruppe
verlieren. Darauf achten die Guides und greifen bei Bedarf ein.
Klare Absprachen
Die Leiter geben zudem Tipps fürs Fahren in der Gruppe, was
Radsportlern, die zuvor nur allein oder vielleicht mal zu zweit
unterwegs waren, anfangs nicht immer leicht fällt. Sich in der
Doppelreihe Rad an Rad zu bewegen und bei bis zu 20 Fahrern auch
mal die Positionen zu wechseln, das erfordert Aufmerksamkeit und
klare Absprachen. Radtreffleiter Lutz verteilt zu Saisonbeginn
einige Bögen, auf denen die Regeln aufgelistet sind und die
Zeichen, mit denen man sich während der Ausfahrt verständigt.
Wenn etwa ein Fahrer in der vordersten Position mit dem
gestreckten Zeigefinger seitlich auf die Fahrbahn zeigt, warnt
er vor einem Schlagloch. Dieser Hinweis wird bis zum letzten
Fahrer weitergeben.
Die Regeln dienen der Sicherheit, und mögen sie bisweilen auch
streng anmuten, die Freude am Fahren verderben sie nicht. Thomas
Stadler, einer der insgesamt sechs Guides, schätzt die "lockere
Atmosphäre" und das Gemeinschaftserlebnis auf dem Rad. Ähnlich
denken die aus einem weiten Umkreis um Bad Schussenried
stammenden Teilnehmer, ob sie Jugendliche sind oder Senioren -
auch über 70-Jährige fahren regelmäßig mit.
Und Frauen, die aber spärlich vertreten sind. Woran das liegt,
will man von der Schussenriederin Susanne Weggenmann wissen.
"Das frage ich mich auch, obwohl ich schon häufig Frauen auf dem
Rad sehe. Vielleicht trauen sie sich nicht in eine Gruppe, wo
sie eng am Hinterrad fahren müssen." Für Weggenmann, die früher
auch Radmarathons absolvierte, ist das kein Thema. "Mir macht"s
Spaß in der Gruppe." Auch für Wolfgang Wahl, den Vorsitzenden
des RMSV Bad Schussenried, "ist das Gruppenfahren ein Erlebnis".
Und das sagt er nicht nur, weil der im dritten Jahren bestehende
Radtreff ein Angebot seines Vereins ist. Wahl fährt selbst
regelmäßig mit.
Spricht's und steigt in die Pedale. Klack, klack. Kurz darauf
verabschiedet er sich mit seiner Gruppe - an dem Tag in
südwestlicher Richtung. |
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